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Das Bild zeigt den berühmten Münzschatz aus Werfen.

Münzen waren früher oft nur annähernd rund und hatten – wie auch heute – eine Umschrift und ein Bild auf beiden Seiten. Im Gegensatz zu heute bestanden sie aber meistens aus fast reinem Gold oder Silber. So besaßen sie, anders als unser Geld heute, einen hohen Materialwert.

Der Münzschatz aus Werfen wurde in einem schlichten, 22 cm hohen, runden Topf aus Keramik gefunden. Auf dem Bild ist der Topf seitlich liegend zu sehen. Wie eben erst herausgeschüttet, liegt ein Münz-Haufen vor der Topf-Mündung.

Die Münzen sind aus Gold und Silber geprägt. Genau genommen handelt es sich um 771 Goldmünzen und 249 Silbermünzen. Sie sind nicht, wie heute üblich, regelmäßig rund und mit einer Prägung – wie z. B. Rillen – am seitlichen Rand versehen, sondern sehr dünn und von unterschiedlichem Umriss. Die Münzen stammen aus verschiedensten Münzstätten Europas – aus deutschen, italienischen und vor allem französischen Prägestätten. Sie wurden zwischen ca. 1439 und 1535 geprägt.

Weiters gehört noch eine kleine, runde Spanschachtel zum Schatzfund. In dieser Schachtel lagen rund 900 Gramm Gold- und Silberspäne.

Gemeinsam erzählen Topf, Münzen und Späne eine spannende Geschichte. Alles begann, wie so oft in der Archäologie, mit einer Baustelle, nämlich in Werfen im Salzburger Pongau: Im Herbst des Jahres 1969 entdeckte man beim Bau einer Garage in nur 50 cm Tiefe, eingebettet in einen Kranz aus Kalksteinen und geschützt durch eine Steinplatte, den oben beschriebenen Topf, der bis zum Rand hin mit den mehr als 1.000 Münzen gefüllt war.

Der damalige Landesarchäologe Martin Hell berichtete in seiner ersten Bestandsaufnahme, die er einen Tag nach der Meldung des Fundes vor Ort durchführt hatte u. a.: "Der Schatz, ….., war bereits geborgen und in der Raiffeisenkasse des Ortes in sichere Verwahrung gegeben worden. Das Gesamtgewicht der Goldmünzen wurde mit 2,4 kg erhoben."

Fast alle Münzen wurden vor oder im Jahr 1535 geprägt. Da es nur wenige jüngere Münzen im Schatz gibt, vermutet man, dass der Topf um 1540 vergraben wurde. Aber warum?

Einen Hinweis liefert die Spanschachtel, die ebenfalls im Inneren des Topfes lag. Sie enthielt rund 900 Gramm Gold- und Silberspäne. Diese Späne führen uns zu einem renaissance-zeitlichen Kriminalfall aus der Zeit vom Übergang des Mittelalters zur Frühen Neuzeit. Die Münzen aus Werfen bestehen – wie erwähnt – aus fast reinem Gold und Silber. Münzen aus dieser Zeit sind meist dünne, nicht regelmäßig runde Gold- oder Silberplättchen mit geprägten Motiven auf beiden Seiten.

Wenn man mit einer Schere, einem scharfen Messer oder einer Feile kleine Teile vom Rand abschnitt oder abfeilte, so fiel das auf den ersten Blick meist gar nicht auf. Die beschnittenen Münzen wurden zum gleichen Wert weitergegeben, die abgetrennten Späne behalten. Und wenn man das mit einer großen Zahl an Münzen tat, konnte man die Späne einschmelzen und das Edelmetall verkaufen.

In der damaligen Zeit war ein solcher Betrug ein großes Wagnis. Münzverfälscher wurden, gemäß der 1532 von Kaiser Karl V. erlassenen „Constitutio criminalis“, strengstens bestraft. Nicht nur finanziell, sondern auch körperlich – je nach der Schwere des Vergehens. Aber soweit sollte es in Werfen nicht kommen. Der verborgene Schatz wurde von der Besitzerin oder dem Besitzer nicht mehr gehoben. Ob das mit der drohenden Gefahr, entdeckt zu werden, zusammenhängt oder ob es sich lediglich um eine Arbeitspause und das sichere Aufbewahren des Schatzes handelt, muss letztlich offenbleiben.

Aber wer war der gefinkelte Münzverfälscher bzw. die gefinkelte Münzverfälscherin in Werfen? Jene Grundstücksparzelle, auf der das Gefäß mit den Münzen 1969 sichergestellt wurde, gehörte zum Garten eines Hauses, deren Besitzerfolge genauestens aufgeschlüsselt werden konnte. Dennoch lässt sich nicht mit Gewissheit klären, ob es sich bei dem Betrüger bzw. der Betrügerin um den zweiten Mann der damaligen Besitzerin des Hauses, Anna Spiegl, oder vielleicht sogar um Frau Spiegl selbst oder ihre beiden Brüder Leonhard und Georg Spiegl handelt. Georg Spiegl verstarb zur angenommenen Verbergungszeit des Fundes. Es könnte aber auch sein, dass der Schwiegersohn Georg Spiegls, der Silberkämmerer Georg Kopeindl, in das Verbrechen involviert war.

Wer auch immer der Münzverfälscher bzw. die Münzverfälscherin war: Die Praktik der Münzbeschneidung war keine Werfener Erfindung. In ganz Europa wurde über Jahrhunderte hinweg versucht, auf diese Art zu betrügen. Im 17. Jahrhundert entstanden dann die ersten Münzen mit einer Prägung am seitlichen Rand. Diese machte es unmöglich, Teile vom Rand unbemerkt zu entfernen. Als eine der ersten Münzen mit so einem Sicherheitsmerkmal gilt der sogenannte Cromwell-Taler von 1658. Auf dessen Rand steht geschrieben: [Zitat] "HAS NISI PERITVRVS MIHI ADIMAT NEMO" – "Verderben dem, der mich beschneidet."

Exemplarisch soll hier eine Münze aus dem Schatzfund von Werfen genauer beschrieben werden:
Es handelt sich um einen Écu dʼor au porc-épic, also um eine Goldmünze, mit einem Durchmesser von 27 mm und einem Gewicht von 3,18 Gramm. Die Münze ist nicht regelmäßig rund; der Rand ist beschnitten.

Auf einer Seite der Münze ist entlang des Randes ein Schriftzug, in dem in lateinischen Großbuchstaben Folgendes steht: "Franciscus: Dei: Gracia: Francor: Rex+", was so viel bedeutet wie "Franz, französischer König von Gottes Gnaden". Dieser Schriftzug wird außen und innen von einem doppelten Perlenkreis begleitet. Das zeigt, dass ober- und unterhalb der Schrift je ein Kreis mit erhabenen, kugelförmigen Punkten eingeprägt wurde. Der äußere Kreis ist am Münzrand nicht vollständig, weil der Rand beschnitten ist und die Münze wohl auch dezentriert geprägt worden ist.

In der Mitte ist ein gekrönter Wappenschild des Königreichs Frankreich zu sehen. Im Wappen sind drei heraldische Lilien abgebildet. Die Lilien bestehen aus drei stilisierten Blütenblättern, die von einem Band zusammengehalten werden. Das mittlere Blatt ist verbreitert und oben zugespitzt, die äußeren Blütenblätter hängen seitlich herab. Über dem Wappen ist eine Krone zu erkennen.

Rechts und links vom Wappen steht – fast die gesamte Höhe einnehmend – je ein Stachelschwein. Die vier Füße dieser Tiere setzen auf den Seiten des Wappens an. Vom Hals bis zum Gesäß sind Striche als Stacheln zu erkennen. Das Stachelschwein ist an sich das Wappentier König Ludwigs XII., der bis 1515 der König Frankreichs war. Sein Nachfolger Franz I. hatte einen Salamander als Wappentier. Als Franz König wurde, fertigten die Münzstempelschneider anfangs keine neuen Münzstempel an, sondern gravierten einfach den Namen des neuen Königs in alte Münzstempel ein. Aus Ludwig wurde Franz, das Stachelschwein aber blieb als falsches Wappentier auf der Münze.

In den 1920er Jahren gab es einen wissenschaftlichen Diskurs, ob Münzen mit diesem falschen Wappen Fälschungen für Sammler und Sammlerinnen seien. Zu dieser Zeit waren nämlich nur zwei Stücke dieser besonderen Münze bekannt. Erst die dritte, 1969 im Schatzfund von Werfen gefundene belegte schließlich, dass es sich bei den drei Exemplaren um echte Münzen König Franzʼ I. handelt.

Eckdaten

Titel: Münzschatz von Werfen. 771 Gold- und 249 Silbermünzen sowie Gold- und Silberspäne, gefunden in einem Keramiktopf
Fundort: Werfen, Pongau
Datierung: Frühe Neuzeit, Münzen: geprägt um 1439–1535, Vergrabungszeit: um 1540
Material/Technik: Gold, Silber; Keramik
Salzburg Museum, Inv.-Nr. MÜ 14011 etc., Topf: MÜ 16935´